AsF-Kommentar: Unterföhringer Gemeinderat votiert mit Stimmen von CSU und PWU gegen Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt

09. Dezember 2022

Der Unterföhringer Gemeinderat entscheidet sich in seiner Sitzung vom 8.12.2022 gegen die Möglichkeit an Sitzungen hybrid teilzunehmen.

Wir dachten doch wirklich, eine Zeitkapsel hätte uns ins Jahr 1980 katapultiert, als wir als Zuschauerinnen die Entscheidung von PWU und CSU gegen die Möglichkeit an hybriden Gemeinderatssitzungen teilzunehmen verfolgen mussten.

Was war passiert:

Die Geschäftsordnung des Gemeinderates Unterföhring hat die Hybrid-Teilnahme bis zum 31.12. dieses Jahres befristet vorgesehen. Der Landtag hatte die Befristung kürzlich gestrichen und beschlossen, die Entscheidung über Hybrid-Sitzungen jeder Kommune selbst zu überlassen. Offenbar wollte unser Bürgermeister dies aber gar nicht zur Entscheidung stellen und hätte das Datum verstreichen lassen, ohne das Thema wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Daher haben sich die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, FDP und SPD mit einem Dringlichkeitsantrag an den Gemeinderat gewandt. Die daraufhin einsetzende Debatte erinnerte uns Zuschauer:innen stark an einen Komödienstadel.

Von der Gefährlichkeit der Digitalisierung war da die Rede und dem schlechten Bild nach Außen, wenn bei starkem Schneefall alle Gemeinderätinnen nur noch per Bildschirm zugeschaltet werden oder Gemeinderätinnen locker vom Bildschirm "runterlachen würden". Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt wurde nicht nur in Abrede gestellt, nein mehr noch: das Private müsse dann halt einfach nach hinten priorisiert werden, schließlich habe man sich ja für dieses Amt auch einmal entschieden und sei dafür vereidigt worden.Der Gemeinderat einer kleinen Kommune könne nicht mal einen bescheidenen Beitrag zur Vereinbarkeit leisten. Stichwort Relevanz.

Auf die Einlassung unserer Gemeinderätin Sabine Fister, hybride Sitzungen würden ja auch die Attraktivität des Amtes erhöhen und man könne so bei zukünftigen Wahlen auch junge Menschen für eine Tätigkeit im Gremium begeistern wurde gar entgegnet, dass man das in den letzten Jahrzehnten auch nicht gebraucht habe. Nicht jede Entwicklung müsse als positiv angesehen werden.

Wir als Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen sind erschüttert ob des Backlashs in die 80er Jahre. Gerade junge Eltern oder Studierende profitieren von einer hybriden Regelung. Wurde doch vor allem uns Frauen während Corona von allen Seiten erklärt, dass es doch ein Klacks sei, Kindererziehung, Kinderbeaufsichtigung, Kinderverköstigung, Kinderbeschulung und mobiles Arbeiten unter einen Hut zu bringen. Ausgerechnet in Bayern von einem Kultusminister der Freien Wähler. In Unterföhring votiert hingegen die junge Mutter der Unterföhringer Freien Wähler (PWU) gegen diese Möglichkeit der Teilhabe am politischen Entscheidungsprozess. Da fällt einem wirklich nichts mehr dazu ein und wir brauchen uns daher nicht zu wundern, wenn junge Menschen und speziell junge Frauen keine Lust mehr haben, sich in solchen Gremien zu engagieren. Dabei würden wir genau diese Stimmen in unserer Gesellschaft so dringend benötigen! Das legendäre bayrische einst fortschrittliche Motto "Laptop und Lederhosn" lautet in Unterföhring wohl eher: "Frauen zurück zu Kinder, Küche und Kirche".

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